DER STAR MIT DER PLASTIKTÜTE

Barbara Glauning

Barbara Glauning

Head of Guest Management von 1988 bis 2011

Das Vierteljahr vom 1. April bis Anfang Juli, vom Beginn der Vorbereitungen bis hin zum Ende des Filmfests, war lange Zeit fester Bestandteil meines Arbeitslebens.

In den ersten Jahren waren unsere Büros in der Türkenstraße über dem Arri-Kino. Wir tippten auf Kugelkopfschreibmaschinen und ich korrespondierte zum Beispiel für den Fokus „Sowjetische Filme“ mit den entsprechenden Ministerien per Telefax auf Russisch. Glücklicherweise hatte ich darin Erfahrung durch andere Tätigkeiten. Das änderte sich auch nicht, als 1989 die Retrospektive mit den Filmen von Sergej Paradzhanow vorbereitet und organisiert wurde. Gästelisten wurden von Hand getippt, wieder und wieder kontrolliert, damals mit Sigrid Narjes, mit der ich das Büro teilte. Jahre später zogen wir um in das Constantin-Büro in der Kaiserstraße, immerhin schon mit den ersten Apple-Computern (den kleinen Würfeln), die das Leben etwas vereinfachten. Und nochmal Jahre später bezog das Filmfest-Büro die Räume in der Sonnenstraße.

Es passierte viel in all den Jahren und ich weiß gar nicht, welche der Begegnungen einzigartig waren, denn jedes Filmfestjahr hatte mindestens ein Highlight. War es Paradzhanow, den ich am Flughafen Riem beim Zoll auslöste, weil er seine Filme in alten Filmdosen mitgebracht hatte und in einer dieser Dosen auch noch seine Insulinspritzen deponiert lagen? Oder war es der Besuch von Robert DeNiro, dessen Agentur Security anforderte, was bis dahin noch nie vorgekommen war. (Als er dann da war wussten wir, weshalb, denn er war so klein, dass er vor den Fans geschützt werden musste, damit sie ihn nicht umrennen!) Oder war es Roman Polanski, der im Vier Jahreszeiten saß und wissen wollte, ob er am Abend eine Krawatte umbinden sollte? Oder Alexander Payne, der den ersten High Hopes Award des Festivals bekam und viele Jahre später mit einer eigenen Retrospektive geehrt wurde, die ich aber leider nicht sehen konnte, da ich anderweitig einen Kongress hatte?

In Erinnerung sind mir auch die Gäste geblieben, die München zu einem Familienausflug nutzten: Robert Wise mit seinen Enkelinnen, Roger Corman mit seiner ganzen Familie, Susan Sarandon mit ihren Kindern – um nur einige zu nennen. Das waren immer wieder ganz schöne Herausforderungen. Ebenso die jüngeren Regisseur:innen, die so gerne den neuesten BMW selbst fahren wollten, was natürlich untersagt war... Lustig, anstrengend und immer für Überraschungen gut waren die Regisseur:innen der deutschen Reihe, von denen einige heute zu denen gehören, die für den „Deutschen Film“ stehen: Caroline Link, Maria Schrader, Oskar Röhler, Veit Helmer, Vanessa Jopp, Lars Becker und viele andere.

Ein Erlebnis überstrahlte jedoch alles: der unvergessliche Auftritt von Audrey Hepburn! Jedes Superlativ ist nicht annähernd genug, um sie und ihren Besuch zu beschreiben. Das ist einer der Momente, der für mich immer in Erinnerung bleiben wird.

Und einer der merkwürdigsten Besuche... war der von Samuel Fuller. Der reiste mit nichts als einer Plastiktüte aus dem Supermarkt an, in der er seine Zigarren mitbrachte! Ob sonst noch etwas darin gewesen war? Eventuell eine Zahnbürste? Wir wissen es nicht. Aber er war entzückend schrullig und im Jahr 1989 der absolute Liebling des Publikums – und von mir!

 

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