DIE KUNST DER IMPROVISATION

Foto Susanne Burg Von Sabine Engel

Susanne Burg

Redakteurin von Deutschlandfunk Kultur

Ich hatte beim Filmfest 2017 einen Interviewtermin mit Bryan Cranston. Er bekam den CineMerit Award verliehen. Unser Gespräch sollte am Freitagnachmittag vor der Preisverleihung stattfinden. Sein Flug, mit dem er in München zur Eröffnung des Filmfests ankommen sollte, musste dann aber wegen eines Sturms unterbrochen werden. Er flog erst am Freitag nach München weiter. Damit kam auch der gesamte Zeitplan durcheinander.

Ich erhielt die Nachricht: Susanne, alles gut, er hat zwar tausend Termine, aber wir kriegen das mit deinem Interview irgendwie noch hin. Am Samstag bekam ich dann einen Anruf: Ich solle mich abends in der HFF in Position bringen. Er sei dort bei einem weiteren Screening vor Ort und sollte dann auch noch den Studierenden von HFF-Festival-TV ein kurzes Interview geben. Da könnte es also noch klappen.

Ich fuhr zur HFF und harrte im Foyer aus. Draußen wurde es dunkel. Nach geraumer Zeit kamen zwei Security-Leute auf mich zu und sagten, ich möge bitte mitkommen. Wir stießen zu Bryan Cranston und seiner Entourage, begrüßten uns kurz und machten uns auf den Weg zum Studio. Dabei schlugen wir einige Haken, weil niemand mitbekommen sollte, welchen Weg Bryan Cranston genau in der HFF zurücklegt. Mittlerweile war es schon fast halb elf.

Es fühlte sich konspirativ an. Tür auf, Tür zu, Gänge entlang, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren. Kurz mussten wir das Gebäude verlassen und liefen draußen ein Stück über den Rasen – als sehr unvermittelt einige Autogrammjäger:innen aus dem Dunkeln auftauchten. Die Bodyguards konnten Bryan Cranston abschirmen, aber es war kurios: Mit unserem HFF-Parcours hatten wir die Fans eben doch nicht ganz austricksen können.

Zurück im Innern der HFF ging es dann sogleich ins Studio und ich fand mich in einem hell erleuchteten Setting wieder. Kameras waren aufgebaut, ein Stuhl und ein Sessel standen im Scheinwerferlicht, davor saßen erwartungsvoll HFF-Studentinnen und -Studenten auf dem Boden. Ich bekam die Ansage: Susanne, du kannst jetzt dein Radiointerview machen. Zehn Minuten. Im Scheinwerfersetting vor Publikum. Radiointerviews finden normalerweise in einem intimeren Rahmen statt, aber dieses gehörte offensichtlich nicht dazu.

Ich sah Bryan Cranston an, der in einem dunklen Jackett und einem blauen Hemd entspannt und vergnügt in seinem Sessel saß. Die Verspätungen, das Katz-und-Maus-Spiel mit den Fans hatten ihn nicht aus der Ruhe gebracht. Im Gegenteil: Er plauderte bereits mit den Studierenden. Im Interview mit mir kam er auch auf seinen späten Ruhm als Schauspieler und seine Anfangszeit als Standup-Comedian zu sprechen. „Ich ermutige alle Schauspielschüler:innen, jede Woche auf die Bühne zu gehen und Improvisations-Comedy zu machen“, sagte er. „Man lernt, damit umzugehen, dass man nicht weiß, was man als Nächstes tun wird.“

Ja. Konnte ich mir vorstellen.

Susanne Burg Und Bryan Cranston