Blog

DIE MAMA WIRD’S SCHON RICHTEN

Michael Stadler
Michael Stadler

Von einer Mutter in spe, die noch vor der Geburt ihres Kindes ums Sorgerecht kämpft, bis hin zu einer, die zusammen mit ihrem Sohn kumpelhaft Marihuana raucht – die Bandbreite an Mutterfiguren ist beim diesjährigen Filmfest sehr groß. Und, ja, was bedeutet das eigentlich heutzutage: Mutterschaft?

DIE MAMA WIRD’S SCHON RICHTEN

MONSTER IM KOPF heißt der neue Film von Christina Ebelt, der am letzten Samstag seine Weltpremiere im Sendlinger Tor Kino hatte und heute noch mal um 15 Uhr im City 3 in Anwesenheit der Regisseurin gezeigt wird. Vielleicht ist ja mit dem Monster der Gedanke an die nahende Mutterschaft gemeint, jedenfalls ist Sandra, gespielt von Franziska Hartmann, schwanger, sitzt aber im Gefängnis und gilt beim Sozial- und Jugendamt als kaum fähig, sich um ein Kind zu kümmern – was Sandra dazu animiert, bereits jetzt dafür zu kämpfen, dass ihr Nachwuchs bei ihr bleiben wird.

Thematisch ähnlich gelagert ist EARTH MAMA von Savanah Leaf. Auch hier ist eine Frau schwanger, auch hier mischt sich in die freudige Erwartung auf das Kind die Sorge, dass es der Mutter nach der Geburt weggenommen werden könnte. Schon die ersten beiden Kinder von Gia leben bei Pflegefamilien, sie selbst kommt kaum über die Runden und wird ihre Drogensucht nicht los. Was sie nicht daran hindert, jetzt um ihr Sorgerecht zu kämpfen. Intimes, bildgewaltiges, junges Black Cinema aus den USA darf man hier entdecken – am Samstag, 1. Juli, läuft der Film nochmal im Astor Arri Kino.

Woher die Kraft nehmen als Ehefrau und Mutter, die in armen Verhältnissen lebt, deren Gatte bettlägrig und Tochter bald wegverheiratet ist, während sie den Unterhalt der Familie irgendwie besorgen muss? In der Marketing-Strategie eines Energy-Drinks findet Handelsvertreterin Shivamma wenigstens etwas Zuversicht und macht aus dem Werbeslogan „Ich schaffe es!“ ihr Lebensmotto. Wie weit sie damit kommt, zeigt Jaishankar Aryars berührender Debütfilm SHIVAMMA heute im Filmmuseum um 20 Uhr.

Schivamma Online1 (1)

shivamma

Blondi Online1 (1)

blondi

Une Femme Respectable Online3

une femme respectable

Nicht weniger schwierig ist die Situation der Frau, die Hélène Florent in dem neuen Film von Bernard Émond spielt. UNE FEMME RESPECTABLE führt zurück ins Jahr 1930, in die Stadt Trois-Rivières im Süden von Québec, wo Rose Lemant ihren untreuen Gatten nach elf Jahren wieder bei sich aufnimmt und sich unverhofft um gleich drei Töchter kümmern muss, die er mit seiner verstorbenen Geliebten gezeugt hat. Das einnehmende Porträt einer betrogenen Frau basiert auf einer Kurzgeschichte von Luigi Pirandello und wird bei uns heute um 20 Uhr im ASTOR Astor Kino als Weltpremiere gezeigt! Bernard Émond ist nach München gereist, um sein neues Werk persönlich dem Publikum vorzustellen und steht auch bei der zweiten Aufführung, morgen um 20 Uhr im Filmmuseum, für ein Q&A zur Verfügung.

Während Rose schon immer Kinder haben wollte, aber nun mal eigene, hatte Blondi eigentlich nie Bock auf Mutterschaft. Da damals aber die Abtreibung nicht klappte, hat sie nun einen Sohn, Mirko, der nicht gerade erfreut davon ist, als sie ihm mitteilt, dass er eigentlich unerwünscht war. Jetzt verbindet die beiden eine innige Beziehung, die eher geschwisterlich anmutet: Die beiden schlafen im gleichen Bett, rauchen zusammen Marihuana und machen sich wegen familiärer Turbulenzen auf einen Road Trip zu einer Hippiecommunity im Süden Argentiniens. Hauptdarstellerin Dolores Fonzi gibt mit BLONDI gleichzeitig ihr Regiedebüt, der Film ist sozusagen ihr Baby und bereitet als lockere Feelgood-Komödie um 18 Uhr im HFF Audimax sicherlich einige Freude. Wer heute Blondis Abenteuern nicht beiwohnen kann, bekommt am Freitag um 20 Uhr im Theatersaal des Amerikahauses eine zweite Chance.

Ein eher distanziertes Verhältnis hat Evelyn (Julianne Moore) zu ihrem Sohn Ziggy (STRANGER THINGS-Star Finn Wolfhard). Die Mutter möchte lieber anderen Menschen in schwierigen Situationen helfen als sich mit dem eigenen Nachwuchs auseinanderzusetzen, was zu einigen heiteren Streitereien führt. WHEN YOU FINISH SAVING THE WORLD ist das Regiedebüt von Jesse Eisenberg, dem Mark Zuckerberg aus THE SOCIAL NETWORK, der 2019 in München war, weil THE ART OF SELF-DEFENCE mit ihm in der Hauptrolle das Filmfest eröffnete. Was für ein sensibler Regisseur der sensible Schauspieler Eisenberg ist, lässt sich am letzten Festivalsamstag um 18 Uhr im Sendlinger Tor Kino noch einmal begutachten.

HDTLR Online4

La hija de todas las rabias

WYFSTW Online4 (1)

When you finish saving the world

Der Eröffnungsfilm des diesjährigen Festivals, THE PERSIAN VERSION, läuft noch einmal am Freitag um 18 Uhr im Sendlinger Tor Kino. In der witzigen Culture-Clash-Komödie, die beim Sundance-Filmfest mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, lernt eine Tochter ihre Mutter näher kennen. Ja, auch die Eltern hatten mal Träume und leiden unter Traumata, die das Mitgefühl ihrer Kinder verdient haben.

Ums blanke Überleben kämpfen die 11-jährige Maria und ihre Mutter Lilibeth auf der größten Müllhalde Nicaraguas. Als ein lukrativer Deal fehlschlägt, gibt Lilibeth ihre Tochter in einem Recycling-Center zur Arbeit ab. Sie selbst geht in die Stadt, um Geld aufzutreiben, kommt aber nicht mehr zurück. Maria macht sich eines Tages auf die Suche nach ihr, was in LA HIJA DE TODAS LAS RABIAS von Regisseurin Laura Baumeister zu einer berührenden Odyssee wird. Am morgigen Donnerstag wird der Film um 21 Uhr im City 3 gezeigt als auch am Freitag um 14 Uhr im Filmmuseum. Beide Male ist Laura Baumeister bei der Vorführung anwesend und beantwortet danach die Fragen des Publikums.

Einfach verschwinden – danach ist auch Cruz zumute: Die brave Ehefrau, Mutter einer angehenden Tänzerin und Großmutter einer frühreifen Enkelin erlebt ihr zweites sexuelles Erwachen, aber weder in der Kirche noch bei ihrem Ehemann trifft die strenggläubige Katholikin auf die richtige Resonanz für ihr aufkeimendes Begehren. Gott sei Dank gibt es eine Sexualtherapie-Gruppe für Frauen, wo sie auf Gleichgesinnte im Kampf um mehr Sinnlichkeit und Selbstliebe findet. MAMACRUZ läuft am Donnerstag um 14.30 Uhr im HFF Kino 2, Regisseurin Patricia Ortega ist danach für ein Q&A anwesend.

Les Filles D'olfa Online

les filles d'olfa

Scrapper Online1

Scrapper

Gleich um vier Töchter muss sich Olfa kümmern und kann dabei nicht verhindern, dass zwei von ihnen sich dem Islamischen Staat in Libyen anschließen. Dem realen Schicksal fügt die tunesische Regisseurin Kaouther Ben Hania eine spielerische Komponente hinzu, indem sie nun zwei Profi-Schauspielerinnen die verlorenen Töchter spielen lässt. LES FILLES D’OLFA wurde im diesjährigen Wettbewerb von Cannes uraufgeführt und ist bei uns noch einmal am Samstag um 17 Uhr im Filmmuseum zu sehen, wo ein paar Wochen vor dem Filmfest eine ganze Reihe von Werken zum Thema Mutterschaft gezeigt wurde.

Und ja, doch, es gibt natürlich auch Väter, die sind nur des Öfteren abwesend. In SCRAPPER der Britin Charlotte Regan taucht der Vater der 12-jährigen Georgie plötzlich wieder auf, nachdem Georgies Mutter gestorben ist und das Kind nun mutterseelenalleine am Rande von London wohnen muss. Ob die beiden sich nach langen Jahren der väterlichen Absenz irgendwie zusammenraufen können, kann man bei uns sowohl morgen, 19 Uhr, im City 2 als auch am Freitag, 17 Uhr, im Filmmuseum erleben.

Weitere Artikel

Dem Trott zum Trotz
Blog

Dem Trott zum Trotz

1. Juli 2024

Manch existenzieller Kampf versteckt sich hinter dem verschlafenen Land-Idyll

Sagt uns eure Meinung!
Blog

Sagt uns eure Meinung!

30. Juni 2024

Der Publikumspreis wird dieses Jahr wieder mithilfe des Voting Tools Votemo bestimmt.

Bewegte Bilder –Von Wunderländern, Dystopien und Unterwelten
Blog

Bewegte Bilder –Von Wunderländern, Dystopien und Unterwelten

29. Juni 2024

Obwohl sie oft unterschätzt werden, bieten gerade Animationsfilme eine faszinierende Vielfalt an Themen und Stilen. Das FILMFEST MÜNCHEN zeigt eine besonders spannende Auswahl aus aller Welt.